Digitalisierung – eine Einleitung

Prof. Dr. Wolfgang Mühl-Benninghaus

Das Wort Digitalisierung hat seit Jahren einen festen Platz im alltäglichen Sprachgebrauch und ist zweifellos ein Begriff, der in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und Bildung, in der Rechtsprechung oder in der Kultur und Kunst einen festen Platz hat. Wenn in den folgenden Beiträgen über die Chancen und Risiken der neuen Technologien und die Folgen von mehr Informationstechnologien in Unternehmen, in Produkten, bei Konsumenten und generell in der Gesellschaft gesprochen werden soll, ist zunächst eine Annäherung an den Begriff, in seinen unterschiedlichen Dimensionen, notwendig. Bei der Suche nach einer diesbezüglichen Antwort fällt auf, dass in der überwiegenden Mehrheit der Publikationen der Begriff Digitalisierung genutzt wird, ohne ihn zu definieren. Die nachfolgenden Beispiele zeigen, dass, wenn eine Definition erfolgt, jeder Autor eigene Akzente setzt, die in der Regel durch sein Arbeitsumfeld geprägt sind. Damit wird bereits an dieser Stelle auch die Weite und die Offenheit des Phänomens erkennbar. Damit deutet sich auch schon an, dass die bestehenden Strukturen in allen Bereichen der Gesellschaft durch die Digitalisierung aufgebrochen werden.

Leimeister (2015 S. 2): Unter Digitalisierung werden alle Veränderungen und deren Ergebnisse in allen Teilen der menschlichen Gesellschaft verstanden, die durch die verstärkte Anwendung von digitalen Technologien entstehen.
Gläser (2014 S. 273): Unter Digitalisierung wird die Umwandlung von Informationen in digitale Einheiten, sog. Bits, die durch 0 und 1 ausgedrückt werden, verstanden. Im Gegensatz dazu werden beim analogen Verfahren die zu übertragenden Informationen in Form von Schwingungen dargestellt. So entsteht ein Datenstrom, der die unterschiedlichen Informationen beinhalten kann: Töne, Texte, Bilder, Daten. So kann sich z.B. traditionelles Radio technisch gesehen problemlos zu einem ‚Multimedia-Radio erweitern.
Reckwitz (2017 S. 231): Digitalisierung bedeutet bekanntlich: Beliebige mediale Formate setzen sich aus digitalen (sowohl zeit- als auch wertediskreten) Signalen zusammen, die in der Praxis gewöhnlich zwei Zustände kennen: 0 und 1. Anstelle kontinuierlicher liegen damit numerische, diskontinuierliche Repräsentationen vor.
Gabler Wirtschaftslexikon: Der Begriff der Digitalisierung hat mehrere Bedeutungen. Er kann die digitale Umwandlung und Darstellung bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder die digitale Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen ebenso meinen wie die digitale Revolution, die auch als dritte Revolution bekannt ist, bzw. die digitale Wende. Im letzteren Kontext, der im vorliegenden Beitrag behandelt wird, werden nicht zuletzt “Informationszeitalter” und “Computerisierung” genannt. Während im 20. Jahrhundert die Informationstechnologie (IT) vor allem der Automatisierung und Optimierung diente, Privathaushalt und Arbeitsplatz modernisiert, Computernetze geschaffen und Softwareprodukte wie Office-Programme und Enterprise-Resource-Planning-Systeme eingeführt wurden, stehen seit Anfang des 21. Jahrhunderts disruptive Technologien und innovative Geschäftsmodelle sowie Autonomisierung, Flexibilisierung und Individualisierung in der Digitalisierung im Vordergrund. Diese hat eine neue Richtung genommen und mündet in die vierte industrielle Revolution, die wiederum mit dem Begriff der Industrie 4.0 (auch “Enterprise 4.0”) verbunden wird.
Wikipedia: Der Begriff Digitalisierung bezeichnet im ursprünglichen Sinn das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate. Die so gewonnenen Daten lassen sich informationstechnisch verarbeiten, ein Prinzip, das allen Erscheinungsformen der Digitalen Revolution (die heute zumeist gemeint ist, wenn von Digitalisierung die Rede ist) im Wirtschafts-, Gesellschafts-, Arbeits- und Privatleben zugrunde liegt.

 

Die Digitalisierung als Erstellung digitaler Repräsentationen hat den Zweck, Informationen digital zu speichern und für die elektronische Datenverarbeitung verfügbar zu machen. Sie begann historisch meist mit einem analogen Medium (Photonegativ, Diapositiv, Tonbandaufnahme, Schallplatte). Das Produkt einer solchen Digitalisierung wird mitunter als Digitalisat bezeichnet. Zunehmend wird unter Objektdigitalisierung jedoch auch die Erstellung primär digitaler Repräsentationen mittels digitaler Video-, Foto- oder Tonaufzeichnung verstanden. Hier wird der Begriff Digitalisat gewöhnlich nicht verwendet. (https://de.wikipedia.org/wiki/Digitalisierung)

Big Data Insider: Für den Begriff Digitalisierung existiert keine eindeutige Definition. Er kann, abhängig vom jeweiligen Kontext, mehrere Bedeutungen annehmen. Im ursprünglichen Sinn meint Digitalisierung das Umwandeln von analogen Informationen in digitale Formate. Eine weitere Bedeutung von Digitalisierung ist die digitale Revolution, auch als digitaler Wandel oder digitale Transformation bezeichnet. Der digitale Wandel beschreibt die durch die Digitalisierung ausgelösten Veränderungsprozesse in der Gesellschaft inklusive Wirtschaft, Kultur, Bildung und Politik. (https://www.bigdata-insider.de/was-ist-digitalisierung-a-626489/)
JRF Consulting: Die Digitalisierung beschreibt die Transformation von analogen Strukturen in digitale Strukturen. Dies beinhaltet z. B. die Umwandlung und Darstellung von Informationen und die digitale Kommunikation. Ein gutes Beispiel hierfür sind Bücher. Früher waren Bücher ausschließlich physisch und lokal sowie von der Anzahl her limitiert verfügbar. Ein E-Book hingegen ist “überall” bzw. online und von der Anzahl her unbegrenzt verfügbar. Zudem ist ein E-Book in der Regel günstiger als ein physisches Buch.

 

Ein weiteres wichtiges Merkmal der Digitalisierung sind disruptive Effekte. Neue Technologien und Angebote brechen alte Strukturen oftmals auf und verändern die Wertschöpfungsketten und Machtverhältnisse von ganzen Branchen. So hat sich beispielsweise Amazon (nicht nur durch die E-Books) einen signifikanten Anteil am Buchmarkt erarbeitet und die Bedeutung und Marktmacht der klassischen Verleger deutlich reduziert. (https://jrf-consulting.de/lexikon/digitalisierung-definition/)

Sassenrath: Den Begriff Digitalisierung verwende ich als Überbegriff für alle Veränderungen, die sich daraus ergeben, dass Informationstechnologie immer mehr Möglichkeiten vermittelt. Mit dem bezeichne ich den Übergang eines Unternehmens von einer Organisation, die informationstechnische Möglichkeiten nur für die weitere Automatisierung ihrer Geschäftsprozesse nutzt, zu einer, die diese Möglichkeiten auch in wesentlichem Umfang für ihre Produkte und Geschäftsmodelle einsetzt. In Unternehmen können wir Digitalisierung also differenzieren nach der Digitalisierung von Geschäftsprozessen, Produkten und Geschäftsmodellen …

 

Digitalisierung der Prozesse

Die Digitalisierung der Prozesse ist das, was die Unternehmens-IT seit Jahrzehnten vorrangig tut: Geschäftsprozesse durch Software automatisieren, vor allem, um so Prozesskosten zu senken… Das war und ist ein kontinuierlicher Prozess der Veränderung, der mit dem Einsatz von Computern in Unternehmen ab den 50er Jahren begann, sich kontinuierlich fortgesetzt hat und mit der Digitalisierung weiter voranschreiten wird.

Das meiste, was sich hinter dem Begriff „Industrie 4.0” verbirgt, ist in diesem „Spielfeld” anzusiedeln. Denn bei Industrie 4.0 geht es um eine zunehmende Vernetzung in Produktion und Logistik, mit dem Ziel, die Prozesse zu verschlanken, zu beschleunigen und effizienter zu gestalten. Neu bei Industrie 4.0 ist vor allem, dass die Vernetzung immer mehr auch die Unternehmensgrenzen überschreitet und Systeme und damit Geschäftsprozesse unterschiedlicher Unternehmen verbindet.

 

Digitalisierung der Produkte

Mit Digitalisierung der Produkte ist der wachsende Anteil des Kundennutzens gemeint, der aus Softwarefunktionen oder digitalen Inhalten entsteht.

Bei einem modernen PKW wird der Kundennutzen aus dem Fahrzeug zu einem wesentlichen Anteil digital erzeugt, z.B. in Form von Assistenz- oder Sicherheitsfunktionen, verbrauchsarmer Motorsteuerung oder von Navigations- oder Unterhaltungssystemen… Ein Gerät, das aus physischer Hardware, elektronischen Bauteilen (u.a. Sensoren) und einer Softwaresteuerung besteht und das sich mit anderen vernetzen lässt, z.B. über das Internet, nennt man ein cyber-physisches System. Anschauliche Beispiele wären das Smartphone… eine moderne Produktionsanlage.

 

Digitalisierung der Geschäftsmodelle

Die Digitalisierung der Geschäftsmodelle bezieht sich in erster Linie darauf, dass der Nutzen, für den ein Kunde bezahlt, auf Wegen bereitgestellt wird, die durch die Digitalisierung möglich geworden sind.

Besonders augenscheinlich ist das, wenn Unternehmen vom Verkauf von Produkten zum Verkauf von Services wechseln. Wenn also ein Anlagenbauer seine Produktionsanlage nicht als „Stück” verkauft, sondern die Laufzeit oder sogar die Produktionsleistung der Anlage in Rechnung stellt. Oder ein Beispiel aus dem B2C: Ein Kunde hat nicht wirklich Interesse daran, einen Staubsauger persönlich zu besitzen. Was er braucht, ist die Reinigungswirkung. Ein neues Geschäftsmodell bestünde also darin, ihm nicht ein Gerät zu verkaufen, sondern z.B. die Betriebsstunden in Rechnung zu stellen oder, noch besser, die Menge aufgenommenen Staubs … oder – am besten – die Abrechnung an die Menge des Reststaubs zu knöpfen, also die tatsächliche erzielte Sauberkeit – das, was den Kunden eigentlich interessiert.

Beispiele für rein digitale Geschäftsmodelle sind natürlich auch die von Google – Verkauf von Onlinewerbung – oder Apples Appstore. Das sind Plattformmodelle, in denen unterschiedliche Marktteilnehmer zusammengebracht werden.